»Kämpfen ist Teil meines Lebens«

Martin Bühren organisierte eine Lesung mit Harry Raymon, der als Homosexueller und Jude vor den Nazis floh.

Martin Bühren hält die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wach.

Schon mit acht Jahren sammelte er Unterschriften, um gegen ungerechte Entscheidungen der Schulleitung zu protestieren, und mit 19, nach dem Fachabitur in Mönchengladbach, leistete er mit dem Projekt »SchLAU« schwul-lesbischen Aufklärungsunterricht an Schulen. »Über die LGBTI-Thematik bin ich in den Aktivismus hineingewachsen«, erzählt Martin Bühren. Die englische Abkürzung LGBTI steht für Homo- und Bisexuelle, Trans*- und Interpersonen und wird von und für Menschen verwendet, die in ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität von der heterosexuellen Norm abweichen.

2014 wurde er erst Peer Guide bei einer Anne Frank Wanderausstellung in Düsseldorf und ließ sich dann in Berlin zum Anne Frank Botschafter ausbilden – mit dem Ziel, ein Projekt gegen Diskriminierung und für Zivilcourage zu organisieren. Martin Bühren plante eine Lesung mit dem Schauspieler und Autor Harry Raymon. In seiner Autobiografie »Einmal Exil und zurück« schildert der 1926 geborene Raymon, wie er als Kind mit seinen jüdischen Eltern vor den Nazis in die USA floh, sich nach dem Krieg in Berlin niederließ – und aus Liebe zu einem Mann dort blieb.

Eine Podiumsdiskussion zu Ausgrenzung

Die Mehrfach-Diskriminierung, die Raymon aufgrund seiner Sexualität und seiner Herkunft erlebt hatte, interessierte Martin Bühren. Er organisierte die Lesung im Rahmen der »Hirschfeld-Tage«, die 2014 in Nordrhein-Westfalen gastierten. Magnus Hirschfeld war nicht nur der wohl bedeutendste Sexualforscher der Weimarer Republik, sondern als Schwuler und Jude ebenfalls mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt. Die Nationalsozialisten verbrannten seine Bücher. Via Google fand Martin Bühren heraus, dass Raymon im Schwulen Museum in Berlin eine Lesung gegeben hatte.

»Also habe ich dort angerufen – und die haben mir im Vertrauen seine Telefonnummer gegeben«, erzählt er. Raymon war sehr aufgeschlossen, verzichtete sogar auf eine Gage. Martin Bühren bezahlte ihm die Zugfahrt nach Mönchengladbach aus eigener Tasche, die Hirschfeld-Stiftung bezuschusste die Lesung, der Veranstaltungsort »Kulturküche« verzichtete auf Eintrittsgeld. 50 Menschen kamen zur Lesung. Sie dauerte 90 Minuten. Im Anschluss moderierte Martin Bühren eine Podiumsdiskussion. »So konnte ich Mönchengladbach näher an zwei Themen heranführen: Antisemitismus und LGBTI- Feindlichkeit.«

Immer weiter engagiert

Engagiert geblieben ist Martin Bühren bis heute, mithilfe des Anne Frank Zentrums und obwohl er wenig Zeit hat. Er studiert jetzt Kommunikations- und Multimediamanagement. Trotzdem läuft er immer noch »bei jeder Anti-Nazi-Demo« mit und ist auch bei der Pro-Europa-Bewegung »Pulse of Europe« dabei. Aktuell tüftelt er an einer Ausstellung zum Thema Euthanasie.
»Kämpfen ist Teil meines Lebens«, sagt Martin Bühren. »Wenn man sich nicht einbringt, darf man sich nicht wundern, wenn Dinge passieren, die man nicht will.«