»Sexismus wird immer noch oft verharmlost«

Sexismus ist für viele Frauen eine Alltagserfahrung. Die 16-jährige Alessia Chietti wollte das nicht länger hinnehmen.

Die Anne Frank Botschafterin Alessia Chietti setzt sich gegen Sexismus ein.
Die Anne Frank Botschafter*in Alessia Chietti setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit ein.

Machosprüche, blöde Bemerkungen – fast jede Frau und fast jedes Mädchen hat schon einmal Sexismus erlebt. »Es fängt mit Klischees an«, sagt Alessia Chietti: »Frauen sind sensibel, schwach, können nicht einparken.« Dass sie nicht die einzige war, die sich darüber ärgerte, merkte die Gymnasiastin in einem Seminar in Berlin, bei dem sie sich zur Anne Frank Botschafterin ausbilden ließ. »Wir saßen zu fünft am Tisch und überlegten, was für ein Projekt wir umsetzen wollen«, erzählt die 16-Jährige. »Dabei kamen wir ziemlich schnell auf Diskriminierungen im Alltag zu sprechen, auf Täter- und Opferrollen und auch auf sexuelle Belästigung und Gewalt.« Die jungen Frauen beschlossen, in ihrem Heimatort Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg eine Podiumsdiskussion zu dem Thema zu veranstalten – Titel: GRL PWR. »Sexismus wird immer noch oft verharmlost«, sagt Alessia.

Die jungen Frauen teilten sich in Zweiergruppen auf: Ein Team bereitete eine PowerPoint-Präsentation vor, Alessias Team gestaltete Plakate zur Bewerbung der Veranstaltung. »Wir haben sie bewusst schlicht gehalten und nur den Namen der Veranstaltung, den Ort und unsere drei Hashtags #sexismus, #aufklärung und #zivilcourage draufgeschrieben«, erzählt sie. »Und wir haben uns für Rot und Weiß entschieden – Pink schien uns zu klischeehaft.« Mit den Hashtags warben sie auch auf Instagram, Whatsapp und Snapchat für den Abend.

Ein Kurzfilm für Gleichberechtigung

Auf der Straße befragten sie Passanten, welche sexistischen Klischees sie kannten und ob sie schon einmal bei einem sexuellen Übergriff dazwischen gegangen seien. Die stärksten Antworten flossen in einen Kurzfilm ein, den sie bei der Podiumsdiskussion im Café des Villinger Jugend- und Kulturzentrums zeigten.

Den Diskussionsabend moderierten die jungen Frauen des Projektteams alle gemeinsam. Nach einem PowerPoint-Vortrag und einem Film ließen sie die knapp 30 Besucher*innen von ihren eigenen Erlebnissen mit Sexismus im Alltag erzählen. Dabei fiel Alessia auf: »Die meisten Männer im Publikum sagten, dass sie noch nie Opfer von  Sexismus geworden seien.«

Sie hofft, dass ihr Team das Bewusstsein des Publikums für sexuelle Diskriminierung schärfen konnte. Ihr selbst hat der Abend auch persönlich etwas gebracht: »Ich hatte schlimmes Lampenfieber, aber die Atmosphäre war richtig gut. Hinterher fand ich es fast schade, dass der Abend schon vorbei war.«

Erst Lampenfieber und dann Erfolg

Erst einmal will Alessia Chietti sich jetzt auf die Schule konzentrieren. Aber danach würde sie gern noch einmal eine Aktion auf die Beine stellen; den Kontakt zum Anne Frank Zentrum in Berlin hält sie bis heute. »GRL PWR war mein erstes, aber sicher nicht mein letztes Projekt«, sagt sie.