Warum unsere Gedanken unsere Gesellschaft formen

»Eine Diskriminierung sagt mehr über die Gesellschaft aus, als über die Menschen, die sie diskriminiert.«

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Hast du dich mal bewusst gefragt, wie oft du darüber nachdenkst, wie Menschen mit physischen oder psychischen Beeinträchtigungen oder Behinderungen die Welt wahrnehmen? Wie begegnest du solchen Menschen und was sagst du zu ihnen? Wie behandelst du sie? Fühlst du dich unwohl, wenn du auf Menschen mit Behinderungen stößt oder möchtest diese Situationen meiden? Wenn ja, dann bist du damit nicht allein, genauso geht es leider viel zu vielen in unserer Gesellschaft. Menschen mit körperlichen oder mentalen Behinderungen werden nur allzu häufig von der Bevölkerung ausgegrenzt. Aber warum ist das so?

In jeder Gesellschaft herrschen genaue Vorstellungen darüber, wie ein Mensch aussehen, was er können und wie er sich verhalten soll. Wenn jemand aber nicht den gegebenen Vorstellungen entspricht, droht er*sie diskriminiert zu werden, da diese Person dann als »nicht normal« eingestuft wird. Wird jemand also diskriminiert, kann man daran erkennen, was in der Gesellschaft als »Norm« gilt. Dementsprechend sagt eine Diskriminierung immer mehr über die Gesellschaft aus, als über die Menschen, die sie diskriminiert.

Davon betroffen sind oftmals auch Menschen mit Behinderungen, da die körperliche oder psychische Verfassung dieser Menschen nicht den Vorstellungen der Gesellschaft entspricht. Die Benachteiligung und Diskriminierung von behinderten Menschen wird auch Ableismus genannt und setzt sich aus dem englischen Wort „able“ (= fähig sein) und „ismus“ zusammen. Dieses sozialwissenschaftliche Konzept sagt aus, dass jemand auf eine bestimmte Eigenschaft oder Fähigkeit reduziert wird, wie zum Beispiel eine Behinderung. Diese Diskriminierungen können auf verschiedenste Weise auftreten. Diskriminierungen lassen sich z. B. bei Wohnungs- und Arbeitssuchen erkennen, bei Kommentaren wie „Du bist nicht behindert, du siehst ganz normal aus“, sowie an fehlenden staatlichen Unterstützungen für behinderte Menschen. Mikroaggressionen, wie die Augen zu verdrehen wenn z. B. eine gehörlose Person nach Untertiteln oder einer Verdolmetschung fragt, geben der gehörlosen Person das Gefühl, lästig zu sein, und hinterlassen bleibende Schäden. Dabei kann auch eine positive Äußerung eine Diskriminierung sein. Wenn sich z. B. behinderte Menschen beim Erledigen von alltäglichen Dingen immer wieder anhören müssen, wie großartig es sei, dass sie das „schaffen“ (jede*r würde es als unangenehm empfinden, wenn er*sie für das Öffnen der Tür gelobt werden würde). Auslöser von vielen Schwierigkeiten, denen beeinträchtigte Personen gegenüberstehen, ist demnach nicht ihre Behinderung, sondern der Umgang der Gesellschaft mit ihr. Durch das stetige Hinweisen auf die vorliegenden Differenzen werden die herrschenden Vorurteile nur verfestigt und die Gruppenbildung verstärkt.

Nun stellt sich uns die Frage: Wie können und sollten wir Menschen mit Behinderungen »richtig« begegnen?

Zunächst sollten wir bei uns selbst beginnen und unsere eigenen Vorurteile reflektieren. Wir sollten uns bewusst in die andere Person hineinversetzen und damit versuchen, Barrieren abzubauen, die wir allzu oft unbewusst errichten. Die Begegnungen sollten nicht gescheut werden. Es kann vorkommen, dass man sich unsicher fühlt und nicht ganz einschätzen kann, ob eine Person gerne Hilfe hätte oder aber lieber gleichbehandelt werden würde. Wichtig ist hierbei ein sensibler Umgang. Oft hilft es, einfach auf die betroffene Person zuzugehen und zu fragen, was genau sie braucht. Damit ist man in der Regel am erfolgreichsten. Denn durch das fehlende aufeinander zugehen und die damit einhergehende Bildung von Gruppen beginnt die Gesellschaft in Vorurteilen und Klischees und in unbewussten, schädlichen Praktiken zu verharren. Damit beginnt Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen – in den Köpfen der Menschen. Dies kann nur ein Ende haben, wenn jenes Verhalten reflektiert und offen darüber gesprochen wird. Fang doch auch du mit der Frage an dich selbst an, wie du dich an der Stelle des anderen in bestimmten Situationen fühlen würdest und wie du zukünftig mit deinen Mitmenschen umgehen willst.

Kaltrina Velija